Eine neue Agenda für die UN und die Welt

Die UN-Generalversammlung nimmt einstimmig die UN-Nachhaltigkeitsziele an (Photo ©UN Photo)

Die UN-Generalversammlung nimmt einstimmig die UN-Nachhaltigkeitsziele an (Photo ©UN Photo/ Cia Pak)

«Historisch» ist das vielleicht am meisten genutzte Wort beim UN-Nachhaltigkeitsgipfel in New York: Zwar war schon fünf Mal ein Papst zu Besuch bei der UN-Generalversammlung, aber noch nie zu Beginn. Zwar kommen jedes Jahr Staats- und Regierungschefs zur UN-Generalversammlung: Aber noch nie waren es so viele auf einmal. Von 150 sprechen die UN, obwohl nicht nur die Kapverden von einem „Zukunftsminister“ statt vom Präsidenten vertreten wurden. Wirklich historisch ist dagegen die «2030 Agenda für Nachhaltige Entwicklung»: sie hat das Potenzial, die UN auf neue Füße zu stellen.

Der Reihe nach: Vertreter aller 193 UN-Staaten haben am 25.9. in New York eine globale Agenda für nachhaltige Entwicklung beschlossen. Dass sie zustimmen würden, stand von Vornherein fest. Deshalb wurde das Dokument auch gleich zu Beginn und per Akklamation angenommen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem entscheidenden Moment in der Menschheitsgeschichte. Papst Franziskus, der am Morgen das erste Wort hatte, con einem wichtigen Zeichen der Hoffnung. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte in ihrer Rede an, Deutschland werde Entwicklungsländern mehr Geld zur Umsetzung der Agenda zur Verfügung stellen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der UN-Generalversammlung (Photo © UN Photo)

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der UN-Generalversammlung (Photo © UN Photo/ Mark Garten)

«Unser Etat für Entwicklungshilfe wird in den nächsten Jahren jeweils substanziell steigen», kündigte sie an. Für ihre Zusicherung, Deutschland stehe zur Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe einzusetzen, war ihr zuvor von den Gipfelteilnehmern Applaus gespendet worden. Merkel zog in ihrer Rede auch eine Parallele zur aktuellen Flüchtlingswelle. Wer das Leid der Flüchtenden beenden wolle, müsse den Ursachen von Flucht und Vertreibung entgegen wirken. «Die Agenda 2030 liefert dafür den richtigen Rahmen, indem sie die ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte von Entwicklung vereint», so Merkel.

Die in der Agenda für nachhaltige Entwicklung enthaltenen 17 UN-Nachhaltigkeitsziele sollen bis 2030 Armut und soziale Ungleichheit beseitigen und die Lage von Umwelt und Menschenrechten verbessern. Anders als die im Jahr 2000 beschlossenen Milleniumsziele, die in diesem Jahr auslaufen, gelten die UN-Nachhaltigkeitsziele nicht nur für Entwicklungsländer, sondern auch für Schwellen- und Industrienationen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erinnerte an die Entstehung der UN aus der Asche des zweiten Weltkrieges. «Regierungen einigten sich auf eine visionäre Charta, die den Völkern der Welt gewidmet ist», erklärte Ban. «Die heute hier beschlossene Agenda entwickelt diese Charta weiter.» Der wahre Test werde die Umsetzung sein. «Wir müssen diese neue Ära mit dem richtigen Schritt beginnen», forderte Ban. «Ich rufe alle Regierungen auf, in Paris im Dezember ein robustes Klimaabkommen zu beschließen.»

«Willkommen zur Kanzel der Welt»: Papst Franziskus bei der UN-Generalversammlung (Photo © UN Photo)

«Willkommen zur Kanzel der Welt»: Papst Franziskus bei der UN-Generalversammlung (Photo © UN Photo/ Cia Pak)

Papst Franziskus, der vor Beginn des Gipfels gesprochen hatte, lobte die Nachhaltigkeitsziele als wichtiges Zeichen der Hoffnung. «Es reichen jedoch nicht die feierlich übernommenen Verpflichtungen, auch wenn sie einen notwendigen Schritt auf dem Weg zu den Lösungen darstellen», warnte er. Gebraucht würden unverzügliche und konkrete Schritte, um eine gerechtere Welt zu schaffen. In einer als historisch gefeierten Rede vor der UN-Generalversammlung forderte das Kirchenoberhaupt ein Ende von sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit. «Die wirtschaftliche und soziale Ausgrenzung ist eine völlige Verweigerung der menschlichen Brüderlichkeit und ein äußerst schwerer Angriff auf die Menschenrechte und auf die Umwelt», sagte das Kirchenoberhaupt. Eindringlich warnte der Papst die Staats- und Regierungschefs vor den Folgen einer Politik, die weiterhin Macht und materiellen Wohlstand in den Mittelpunkt stelle. «Die ökologische Krise könnte zusammen mit der Zerstörung eines großen Teils der biologischen Vielfalt die Existenz der Spezies Mensch selbst in Gefahr bringen.» Regierende müssten sicherstellen, dass das Existenzminimum aller Menschen gesichert sei. Neben Unterkunft, Arbeit und Land gehöre dazu auch die geistige Freiheit, zu der auch die Religionsfreiheit zähle.

SDGs

So viele prominente Stimmen, so viele große Worte – doch der eigentliche Star des Gipfels ist die Agenda selber. Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele mit ihren 169 Unterzielen sind seit 2012 in einem offenen Prozess entwickelt worden, an dem Politiker und Wissenschaftler ebenso beteiligt waren wie die Zivilgesellschaft. Mehr als acht Millionen Menschen beteiligten sich an einer Abstimmung über die Ziele im Internet. Deshalb sind die Ziele so fortschrittlich wie kaum eine UN-Agenda in der Vergangenheit. Wenn sie jetzt auch noch umgesetzt werden, wären die UN nicht mehr die, die sie einmal waren – sondern der Bevölkerung auf dem Globus näher gekommen als je zuvor.