Kein Flickwerk für die Nachhaltigkeit

Vor fast einem Jahr hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Beirat zur Vorbereitung des Nachhaltigkeitsgipfels in Rio (Rio+20) im Juni eingesetzt. Fast schon vergessen, hat der Beirat am Montag seinen Abschlussbericht vorgelegt. Und er ist überraschend deutlich: eine grundlegende Umformung der Weltwirtschaft fordern die Autoren, das übliche ‚Flickwerk‘ reiche nicht aus, um eine nachhaltige Gesellschaft zu erreichen. „Die derzeitige Wirtschaftskrise stellt eine Gelegenheit für umfassende Reformen dar“, heißt es in dem Report ‚Resilient People, resilient Planet: A future worth choosing‘ weiter. Der Beirat hatte unter Vorsitz von Finnlands Präsidentin Tarja Halonen und Südafrikas Präsident Jacob Zuma gearbeitet, beide nicht als Nachhaltigkeitsspezialisten bekannt. Der Bericht ist nicht bindend.

Gefordert werden auch Indikatoren für nachhaltiges Wachstum, die anders als das Bruttosozialprodukt nicht nur ökonomische, sondern auch soziale und ökologische Faktoren berücksichtigen. „Soziale und ökologische Kosten müssen zudem bei der Kostenberechnung von Gütern und Dienstleistungen einbezogen werden“, heißt es weiter. Ein Großteil der Weltbevölkerung habe zudem derzeit nicht die Möglichkeit, nachhaltig zu leben. Deshalb müssten in Rio verbindliche Zusagen über die Bekämpfung von Armut, die Förderung von Menschenrechten und für mehr Gleichberechtigung gemacht werden.

Umweltorganisationen haben den Bericht begrüßt, wenn auch einige mehr als andere. Es handele sich um einen würdigen Nachfolger von ‚Our common future‘, dem Bericht der Brundtland-Kommission von 1987, erklärte WWF-Generaldirektor Jim Leape. „Dieser Bericht setzt das bisher deutlichste politische Signal, die mutigen Schritte zu gehen, die für eine erfolgreiche Zukunft nötig sind.“ Der politische Direktor von Greenpeace International, Daniel Mittler, sagt dagegen, der Beirat habe mit der Feststellung Recht, dass Flickwerk für den Rio+20-Gipfel nicht ausreiche. „Genau solches Flickwerk schlägt der Beirat aber vor, etwa wenn es um die Zukunft der Ozeane geht: er verschweigt, dass schlicht zu viele Boote zu wenige Fische jagen und wir deshalb ein neues UN-Abkommen über Schutz und Management der Meeresbiodiversität brauchen.“

Die UN-Konferenz über Nachhaltige Entwicklung (Rio+20) findet vom 20. bis 22. Juni im brasilianischen Rio de Janeiro statt. Sie ist Nachfolgerin des UNCED-Gipfels von 1992 sowie des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung (WSSD) in Johannesburg 2002. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat nachhaltige Entwicklung zu einer Prioritäten seiner zweiten Amtszeit gemacht. Kritiker werfen den Gipfelorganisatoren zu große Wirtschaftsnähe und das Fehlen konkreter und verbindlicher Reformvorschläge für eine nachhaltige Entwicklung vor.